Die Digitalisierung wirkt auf alle Lebens- und Gesellschaftsbereiche (vgl. Wannemacher, 2016), so auch auf die Hochschulbildung. Um sich dem Begriff in seiner Bedeutung für die damit einhergehenden Veränderungen und Anpassungen der akademischen Bildung seitens der beteiligten Akteur*innen (konkret: der Studierenden) zu nähern, bedarf es dessen Reflexion auf Basis von „systematisierenden, konzeptionellen und vorausblickenden Dokumenten“ (Gidion & Weyrich, 2017, S. 1). Eine solche Reflexion ist der Gegenstand dieses Blogposts, der die erlebte Realität des E-Learning mit dem Fokus auf die Bedürfnisse von Studierenden im Fernstudium an eine E-tutorielle Betreuung einzufangen versucht.
Der konstatierten Gestaltungsnotwendigkeit des E-Learning (vgl. Dräger et al., 2017, S. 263), als mittlerweile etablierter Zweig der Wissensvermittlung im akademischen Kontext (vgl. Walsdorf & Geelhaar, 2014, S. 2), folgt eine konstruktivistische Sichtweise auf die Gestaltung des E-Learning, die Lernende im Konzept der Lernendenzentrierung mit ihren Präferenzen, Voraussetzungen und Nutzungsgewohnheiten sowie Fragestellungen und Bedürfnissen (vgl. Bretschneider & Pflaum, 2016, S. 111ff) in den Blick nimmt und Lehrende als Lernbegleiter sieht, die ihr Wirken nicht mehr im Sinne einer Instruktion, sondern einer Ermöglichung aktiven und partizipativen Lernens verstehen (vgl. Kergel & Heidkamp, 2018, S. 148).
Auch wenn Studierende im E-Learning im Sinne der Subjektorientierung (vgl. Holzkamp, 1995) als selbstgesteuert handelnd und sich die Welt aktiv erschließend und konstruierend angesehen werden (vgl. Dutschmann, 2018, S. 44), macht sich besonders in einem Selbstlernkompetenzen erfordernden Fernstudium eine Lernbegleitung erforderlich. Diese wurde bislang jedoch in ihrer Bedeutung ebenso unterschätzt (vgl. Arnold et al., 2015, S. 254) wie gleichermaßen als Erfolgsfaktor für ein gelingendes E-Learning beschrieben (vgl. Wannemacher et al., 2016, S. 29). Im Kontext des Fernstudiums, das „medien- oder technologievermittelt“ (Zawacki, 2002, S. 34) ist und essentiell auf digitaler Technologie beruht (vgl. Getto & Kerres, 2017, S. 131), müssen Studierende die angebotenen Medien entsprechend der eigenen Bedürfnisse unter Vorhandensein entsprechender Medienkompetenz für ein erfolgreiches E-Learning nutzen können (vgl. Dutschmann, 2018, S. 42). Auch steht längst nicht mehr nur das Studienmaterial als Basis eines Fernstudiums im Vordergrund, sondern das interaktive Miteinander von Lernenden und Lehrenden, das sich in Form eines kommunikativen Austausches anhand eines gegenseitigen feedbacks gestaltet (vgl. Hattie, 2013). Dieses kann besonders in der Fernlehre als Gesprächsinstrument verstanden werden (vgl. Dieckerhoff, 2018, S. 121).
Ausgehend von der Lernendenzentrierung und der damit verbundenen Wichtigkeit einer subjektiven Sichtweise von Lernenden, soll in diesem Blogpost die folgende Frage an Studierende in einem Fernstudium zur Reflexion einladen:
„Welche Bedürfnisse haben Sie an die E-tutorielle Betreuung im Fernstudium?“
Bitte schreiben Sie einen Kommentar dazu und lassen uns teilhaben an Ihrer persönlichen Sichtweise auf Ihren erlebten Ausschnitt der Realität des E-Learning!
Herzlichen Dank für Ihr Kommentar!
Anne Martin, M.A.
Literatur:
Bretschneider, Mirjam; Pflaum, Ellen (2016): Lernendenzentrierung im Lehren und Lernen mit Medien. In: Pfau et al. (Hrsg.) (2016): Teaching Trends 2016. Digitalisierung in der Hochschule: Mehr Vielfalt in der Lehre, S. 111ff. Münster, New York: Waxmann.
Dieckerhoff,Katy (2018): Professionalität in der Online-Lehre. Perspektiven für die Entwicklung von Online-Lehrkompetenz. In: Arnold, Patricia (Hrsg.) (2018): Profilierung Sozialer Arbeit. Wiesbaden: Springer, S. 109-126.
Dräger, Jörg et al. (2017): Hochschulen brauchen Strategien für das digitale Zeitalter. In: Rat für Forschung und Technologieentwicklung (Hrsg.): Zukunft und Aufgaben der Hochschulen. Digitalsierung – Internationalisierung – Differenzierung. Wien: LIT Verlag.
Dutschmann, Nicole (2018): Subjektorientierung als Schlüssel zum erfolgreichen E.Learning. In: Heilemann, Michale et al. (2018): Lernen im Internet. Lehr-Lern-Forschung, Band 2. Berlin: LIT Verlag.
Getto, Barbara; Kerres, Michael (2017): Akteurinnen/Akteure der Digitalisierung im Hochschulsystem. Modernisierung oder Profilierung? In: Zeitschrift für Hochschulentwicklung 12 (1), 123-142.
Gidion, Gerd; Weyrich, Michael (2017): Mediale-Hochschul-Perspektiven 2020 in Baden-Württemberg. Eine Empirische Untersuchung im Rahmen der Allianz „Forward IT“. Karlsruhe: KIT Scientific Publishing.
Hattie, John (2013): Lernen sichtbar machen. Baltmannsweiler: Schneider.
Holzkamp, Klaus (1995): Lernen: Subjektwissenschaftliche Grundlegung. Frankfurt a.M.: Campus Verlag.
Kergel, David; Heidkamp, Birte (2018): Digitalisierung der Lehre. Chancen für eBologna. In: Hericks, Nicola (Hrsg.): Hochschulen im Spannungsfeld der Bologna-Reform. Erfolge und ungewollte Nebenfolgen aus interdisziplinärer Perspektive. Wiesbaden: Springer.
Walsdorf, Joern; Geelhaar, Jens (2014): M-Learning. Lernen im mobilen Kontext an Hochschulen. Professur Interface Design, Weimar.
Wannemacher, Klaus (2016): Organisation digitaler Lehre in den deutschen Hochschulen. HIS-Institut für Hochschulentwicklung (HIS-HE).
Wannemacher, Klaus et al. (2016): Digitale Lernszenarien im Hochschulbereich. Berlin: Hochschulforum Digitalisierung.
Zawacki, Olaf (2002): Wandel der Tutorenfunktion in einer neuen Form des Fernstudiums. In: Bernarth, Ulrich (Hrsg.): Online Tutorien. Beiträge zum Spezialkongress „Distance Learning“ der AG-F im Rahmen der LEARNTEC 2002.
Sg. Frau Martin,
persönlich habe ich die Betreuung in Moodle als hilfreich empfunden, wenn die Betreuer die verschiedenen Beiträge aller Studierenden sowohl detailliert kommentierten, als auch auf den größeren Gesamtzusammenhang hinwiesen. Das hilft mir, in der hermeneutischen Schleife tiefer in die Thematik einzudringen, wofür ich selbst meist lange brauche.
Neben der Bereitschaft relevante Fragen zu beantworten, schätze ich einen freundlichen Ton und vor allem Rechtschreibkompetenz. Ich finde es selbst oft schwierig, Fragen und Antworten zu formulieren. Texte mit zu vielen Fehlern hemmen meine Konzentration.
Momentan fällt mir sonst nichts ein..
Liebe Grüße
Bruni Klose
Guten Tag,
meine Ansprüche an die e-tutorielle Lernbegleitung ähneln denen einer Schülerin oder Studierenden im Präsenztutorium (mit dem vorteilhaften Unterschied, dass die Beiträge natürlich digital wieder aufrufbar sind): Ebenfalls wünsche ich mir von meinem_r Online-Tutor_in eine möglichst zeitnahe Beantwortung etwaiger Rückfragen, sowie eine freundliche zugewandte Art und natürlich das Gefühl, in kompetenten Händen zu sein. Interaktive Zusammenarbeit und zu überblickende Gruppengrößen beleben meiner Erfahrung nach die Lernbegleitung und wenn der/die Tutor_in auch sichtlich Spaß am Online-Tutorium hat, motiviert mich das sehr!
Viele Grüße
Sarah
Sehr geehrter Frau Martin,
für mich ist eine wünschenswerte E-Tutorielle Betreuung eine,
– die die Studierenden diskutieren lässt und zum Selbstdenken anregt, d.h. nicht sofort die Musterlösung präsentiert, sondern Rückfragen stellt und damit in die richtige Richtung lenkt
– die dennoch schnell reagiert, wenn die Studierenden etwas offensichtlich falsch verstehen oder interpretieren
– klare Antworten gibt, wenn diese nötig sind
– den Austausch unter den Studierenden anregt, oder als virtueller Gesprächspartner zur Verfügung steht, wenn die Beteiligung der Studierenden in einem Forum gering ist
– verschiedene Lernmöglichkeiten zur Verfügung stellt
Viele Grüße
Nina Buzengeiger
Guten Tag Frau Martin,
unter verschiedenen begleiteten E-Learning-Szenarien fühlte ich mich am besten dort aufgehoben, wo E-TutorInnen dort beitrugen,
– wo man Gefahr lief, auf dem Holzweg zu landen
– wenn die Qualität der Forenbeiträge/Zusammenarbeit litt
– die Zusammenhänge verloren gingen
– schnelle (max. 24h an Wochentagen) Reaktionen
– konstruktives Feedback -> abgesehen von der Beurteilung: bei aller Selbstdisziplin motiviert die fachliche Wertschätzung geleisteter Arbeit/ Kommentare.
Viele Grüße,
Mirjam Banse
Guten Tag,
entscheidend ist für mich – neben den genannten Aspekten – dass der Betreuende die Erwartungen hinsichtlich der Prüfungsleistung transparent macht und es ggf. möglich ist, eine Gliederung für eine Hausarbeit vorab einzureichen. In Präsenzveranstaltungen sprechen Professoren meist über anstehende Prüfungen und geben eine Orientierung, dies ist auch im Fernstudium relevant und von Interesse.
Beste Grüße,
Kirstin Reichert
Guten Tag,
es ist nicht so einfach, Erwartungen an eine E-tutorielle Betreuung hier schnell in einem Blog zu formulieren, denn es ist eine spezielle Kommunikationsform, die in unterschiedlichen Ausprägungen stattfinden kann. An der Fernuni habe ich E-tutorielle Betreuung in Form von Feedbacks auf Wikis und Aufgabenbearbeitungen erlebt, aber auch als individuelle Betreuungsform im Modul 2A. Die Erwartungen und Erfahrungen sind da unterschiedlich. Deswegen nur kurz der Versuch, ein paar allgemeine Gedanken aufzuschreiben.
Zunächst einmal etwas Positives, dies fällt wahrscheinlich in die Kategorie “Bedürfnis”:
Sehr motivierend empfinde ich es, wenn mein Gegenüber (Tutor, Dozent oder Kommilitone), mit dem ich über Moodle kommuniziere, eine menschliche und persönliche Seite zeigt. Das sind meist Kleinigkeiten in der Kommunikation, die aber viel bewirken. Damit meine ich weniger persönliche Informationen (wie z.B. Fotos) des Gegenübers, sondern den direkten, persönlichen Austausch in der Kommunikation.
Leider fallen mir einige negative Aspekte ein, die ich als hemmend für die Kommunikation in Moodle empfinde:
Bei der schriftlichen Kommunikation in Moodle kommt es leicht zu Missverständnissen. Gerade wenn ich mein Gegenüber nicht persönlich kenne. Schnell nochmal nachfragen, ob ich das auch richtig verstanden hat oder meinen eigenen Standpunkt genauer erklären, ist oft sehr umständlich im Vergleich zu direkter mündlicher Kommunikation und findet immer zeitverzögert statt….. Einen Beitrag in Moodle zu formulieren, dass er knapp das herüberbringt, was ich sagen möchte, nimmt unverhältnismässig viel Zeit in Anspruch. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass ich dadurch wenig Kontrolle über die Kommunikation habe. Meistens findet eine E-tutorielle Betreuung in einem offenen Raum statt, das heisst, die Kommunikation ist für alle im Seminar Beteiligten einsehbar. Dadurch fühle ich mich stärker kontrolliert.
Eine E-tutorielle Betreuung, die nicht ausschliesslich, sondern ergänzend stattfindet, zum Beispiel in Kombination mit Präsenzveranstaltungen, bei denen auch ein persönlicher Kontakt möglich ist, wäre möglicherweise sinnvoll.
Viele Grüße,
Aya Schamoni
Danke Ihnen, liebe Studierenden, für Ihre Beiträge!
Mit frdl. Grüßen
Anne Martin
Guten Tag,
Für mich als Fernstudierende ist es sehr wichtig,
dass auch die Lernumgebung stimmt.
Eine Studie aus Salzburg sagt in Bezug auf E-Portfolios ,
dass Lehrende den Lernenden Vorbild sein sollen.
Ich bewege mich gerade in einer Lernumgebung,
die aus mediendiadaktischer Sicht ungünstig gestaltet ist
(ich habe aus Interesse gestern mal Screenshots von unterschiedlichen Lernumgebungen geschossen und
diese Lernumgebung ist einfach wesentlich unstrukturierter und unübersichtlicher als die anderen, Verlinkungen sind oft umständlich, man muss oft suchen )
Auch Aspekte des ARCS Modells in der didaktischen Gestaltung fehlen oft gänzlich (z.B. in Informationen zu Bewertungskriterien) .
Ich denke wenn Lernumgebungen in der Gestaltung stimmig sind, dann hat das Auswirkungen auf die Zufriedenheit in Bezug auf die tutorielle Betreuung.
Beste Grüsse und viel Erfolg für die weitere Forschungsarbeit
Eine Studierende
Danke Ihnen für Ihren Beitrag!